Bei schwüler Hitze und damit besonders in den Hundstagen, wenn es also brüetig heiss, tüppig, töischtig oder tääschtig ist, laufen die Bremsen oder d Brääme – nur die blutsaugenden Weibchen stechen – zur Hochform auf. Die Bremsen heissen bei uns Brääme oder Breeme, mehr regional auch Braame, Broome, Bromme (Nordschweiz), Brieme (Nordostschweiz) oder Bri(i)me (Sarganserland, Churer Rheintal). Diese Varianten gehen alle auf althochdeutsch brëm...
Mit Feuer spielen ist gefährlich: Leicht steckt man dabei Haus und Hof in Brand. Brennt es lichterloh, ruft man laut füürioo!, um andere zu warnen. Das haben in der Deutschschweiz seit 1973 Generationen von Kindern mit dem Kasperlitheater Füürio, de Zeusli chunnt! gelernt. Früher war das Allgemeinwissen, heute ruft dagegen kaum mehr jemand füürioo. In der Not schreit man Hilfe! (ein Wort, dessen Form die Entlehnung aus der Standardsprache verrät;...
Einen Schnaps zum Frühstück? Undenkbar. Auch Mitte des letzten Jahrhunderts, als für den Atlas der schweizerischen Volkskunde eine grossangelegte Materialsammlung stattfand, war Schnaps gemäss den vorwiegend ländlichen Informantinnen und Informanten kein Bestandteil des Frühstücks – aber verbreitet als sogenanntes Vorfrühstück. Mit einem Schnaps oder einem Kaffee Schnaps liess sich der Magen in der Frühe entnüchtern (daher die Bezeichnungen Zetnü...
So könnte ein Titel lauten, würden die Verfasser der vorliegenden Wortgeschichte «Clickbaiting» nach Art moderner Online-Medien betreiben. Dabei wissen auch wir nicht genau, welche fünf bzw. wie viele Dinge überhaupt Sie über Ortsnamen wissen sollten. Aber wir wissen, dass Zahlen in der traditionell eher zahlenfremden Philologie eine zunehmend wichtige und nützliche Sache sind. Quantitative und computergestützte Forschungsmethoden haben längst Ei...
Was ist der Unterschied zwischen einem Wiib und einer Frau? Kommt auf die Epoche und die Region an: Das mittelhochdeutsche wîp bedeutete schlicht «Frau», ebenso neutral wie der man «Mann», wogegen eine vrouwe eine «Herrin, Gebieterin», jedenfalls eine «Frau von höherem Stand» war. Diese Verhältnisse haben sich in der heutigen Standardsprache verschoben, das Weib ist eine abschätzige Bezeichnung und die Frau das allgemeine Wort für eine «weibliche...
Mani Matters Hansjakobli schnaagget tifig tifig unter das Taburettli, der Bueb mit Name Fritz rennt so schnäll, dass man ihn gar nicht sieht, beim Boxmatch geits nid gschwing, denn beide Boxer stehen noch im Ring, und in einem anderen Lied singt Matter: Doch muess i ietze hurti höre, s Lob vo dr Fuulheit hie z beschwöre. Tifig, schnäll, gschwing, hurti – nur eine kleine Auswahl von Ausdrücken, die man für hochdeutsch schnell verwenden kann. Weite...
Ruodi war mein Grossonkel, Dorotee ist die Cousine meiner Mutter, Rees mein Arbeitskollege, Triine eine stadtbekannte Wirtin und ich bin Tiis. So weit, so eindeutig – Namen helfen uns im Alltag, zielgerichtet und genau von Personen zu sprechen. Wenn ich von Triine erzähle, muss ich nicht wortreich erklären, dass das die ist, die in diesem Restaurant im Norden der Stadt (wie hiess es nochmal?) wirtet. Wer Triine kennt, weiss, von wem die Rede ist....
Jahreswechsel! Letzte Gelegenheit, im alten Jahr doch noch einmal unter den Ersten zu sein! Erste Chance, im neuen zu spät zu kommen! Der Jahreswechsel als Ende und Neuanfang war früher mit verschiedenen Spielereien verbunden, die heute vermutlich mehrheitlich vergessen sind. Wer am 31. Dezember (je nach Region am 1. Januar) zuerst aufstand und in der Stube erschien, war der Stubefuchs oder Stubehund und galt als besonders zuverlässig. ...
Walliser Dialekte sind die exotischsten, da sind sich in der übrigen Deutschschweiz alle einig. Hier gibt es so altertümliche Formen wie gizogu für das in den meisten Dialekten übliche zoge, hier heisst es Hiischer statt Hüüser, dem Vögeli sagt man Vogelti. Zwar gibt es auch andernorts sprachliche Besonderheiten, aber nur im Wallis (und in den Sprachinseln im Piemont und im Tessin, die von dort aus besiedelt wurden) treten sie in dieser Häufung a...
Winterthur in Delaware, New Bern in North Carolina, Nova Friburgo in Brasilien – jeder hat schon von den Schweizer Namensvettern in Übersee gehört, gegründet von Schweizer Auswanderern im 19. Jahrhundert, die ein Stück ihrer alten Heimat in die neue exportierten. Doch was machen Bethlehem, Moskau und Helgoland in der Schweiz? Und warum gibt es in der Schweiz unter anderem mindestens 26 Amerikas, 23 Bethlehems, vier Afrikas, fünf Sibirien, sieben ...
In klassischen Schweizer Kochbüchern werden Rezepte wie Älplermagronen beschrieben, in modernen Foodblogs geht der Trend eher zu Gerichten wie Strozzapreti mit Barba di frate, bei denen manche gar nicht wissen, was die Zutaten sind (wörtlich Priesterwürger mit Mönchsbart; eine Art geschwungener Teigwaren mit Salzkraut, das ähnlich wie Spinat zubereitet wird). In den Gestellen der Supermärkte stehen darum heute auch mehr oder weniger exotische Leb...
Vermutlich sagen heute alle Deutschschweizerinnen und Deutschschweizer dem hübschen gelben Vogel, der so schön singt und den man deshalb gerne im Käfig hält, Kanaarievo(o)gel. Das Wort ist so durchsichtig, dass sicher viele schon richtig vermuten, was dahintersteckt: Es ist ein Vogel, den die Spanier von den Kanarischen Inseln nach Europa mitbrachten. Die Stammart übrigens ist der Kanarengirlitz, der von der Regionalregierung 1991 zum «Natursymbo...
Was dem Österreicher und Süddeutschen der Radler, dem Norddeutschen das Alsterwasser, ist der Schweizerin das Panaché (in jüngerer Zeit meist ohne das e am Wortende ausgesprochen: Panasch), ein Erfrischungsgetränk aus ungefähr hälftig Bier und Zitronenlimonade (in der Schweiz verallgemeinernd Citro genannt). Panaché ist entlehnt aus dem französischen Wort für ‘bunt gemischt’, eben panaché, und dokumentiert, wie das Schweizerdeutsche in vielen Leb...
Kantone namens Appenzell gibt es zwei: Ausserrhoden und Innerrhoden. Dass die Rhoden eine Art Gemeinden waren, weiss der eine oder die andere auch ausserhalb der Ostschweiz – aber woher kommt das Wort? Mit Griechisch hat es nichts zu tun, trotz dem «rh» – das ist nur barocker Schnickschnack, der nicht vor dem 18. Jahrhundert anzutreffen ist. Mit dem amerikanischen Rhode Island hat es natürlich auch nichts zu tun (das stammt womöglich von nie...
Wer in einer Partnerschaft lebt, hat es vielleicht auch schon gehört: Sag niemals «immer»! «Immer sagst du ...», «immer machst du ...» usw. kann eine Auseinandersetzung nur verschlimmern. Aber auch wer Freude hat an bodenständiger, vom Hochdeutschen unabhängiger Deutschschweizer Mundart, weiss einen Grund, niemals «immer» zu sagen – das Wort ist nämlich ein schriftdeutscher Import aus mittel- und niederdeutschen Gefilden, es war den oberdeutschen...
Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte – lässt aber auch die Motoren wieder knattern über die Pässe. Die Temperaturen steigen, es ist länger hell, das lockt die Töfffahrer auf die inzwischen wieder schneefreien Strassen. Der Motor geölt, der Tank gefüllt, das Chrom poliert, es ruft die grosse Freiheit. Doch aufgepasst: Brumm, quietsch, peng, klirr – schnell ist es passiert, und das Knattern erstickt in ächz, stöhn, heul. ...
An Freitagen und zur vierzigtägigen Fastenzeit vor Ostern wurden insbesondere in katholischen Gegenden noch vor nicht allzu langer Zeit bestimmte Speisegebote streng eingehalten; das Wort fasten selbst ist möglicherweise verwandt mit fest und bedeutet dann eigentlich «(am Gebot) festhalten». In der Fastenzeit verboten ist das Fleisch von Warmblütern (daher der Freitag als Fischtag). In älterer Zeit umfasste das Fastengebot ausserdem auch Alkohol,...
Wenns wieder kalt ist, freut man sich abends über ein warmes Bett. Damit das Bettzeug einen nicht mit Eiseskälte empfängt, legt man etwa eine mit heissem Wasser gefüllte Bettfläsche aus Gummi oder Metall ins Bett und wärmt es vor. Klassischer ist die Bettpfanne: laut Schweizerischem Idiotikon ein «trommelförmiges hohles Kupfergeschirr mit Stiel, das mit glühenden Kohlen gefüllt im Bette hin- und hergezogen wird, um es zu wärmen». Eine solche Pfan...
Unsere adventliche Wortgeschichte 2020 ist einer der Hauptfiguren der Saison gewidmet: Gott. Der einschlägige Artikel im Schweizerischen Idiotikon wurde 1887 verfasst. Bemerkenswert ist schon die Definition: «das lebendig und persönlich gedachte höchste Wesen, meistens der éine, wahre Gott des Christentums». Die erste Hälfte der Definition ist zeitlos formuliert und könnte auch in einem modernen Wörterbuch stehen; die zweite Hälfte würden wir he...
Öppis nöimet anepflüümle, härepflüümle, inepflüümle für ein flüchtiges, unsorgfältiges Erledigen dürfte heute zum mehr oder weniger allgemein bekannten schweizerdeutschen Wortschatz gehören – höchstens dadurch eingeschränkt, dass das Wort als ziemlich salopp gilt. Schlagen wir die fraglichen Wörter im Schweizerischen Idiotikon nach, erfahren wir aber teilweise anderes, als wir erwartet hätten. Nun – der Artikel pflüümle mit seinen Zusammensetzung...