Der 30. September ist der Internationale Übersetzertag – inspiriert vom Kirchenlehrer Hieronymus, der die Bibel und weitere Schriften ins Lateinische übertrug und Ende September 420 verstarb. Er ist der Patron der Übersetzer, Gelehrten, Lehrerinnen, Schüler, Studentinnen, Korrektoren und Theologinnen. Der Taufname Hieronymus war und ist sehr beliebt – all die Namenträger wie Jérôme, Jerome, Jeroen, Jerónimo, Girolamo/Gerolamo usw. machen die...
Schweizerdeutsch kennt für die Jahreszeit, die dem Winter folgt, drei Worttypen: erstens Uustag oder Huustage, zweitens Langsi oder Lanzig und drittens Früelig oder Früejoor. Verbreitung Im modernen Schweizerdeutsch hat sich der Früelig weitgehend durchgesetzt. Noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigte sich ein ganz anderes Bild: Langsi galt im Walliser Goms, in Pomatt, Gurin, Uri sowie verbreitet bei den Bündner Walsern, und Lanzig s...
Der 19. November ist der Welttoilettentag. 2011 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen beschlossen, soll er die Anstrengungen unterstützen, gute Sanitäranlagen einzurichten und damit Krankheiten vorzubeugen. Welche schweizerdeutschen Wörter kennen eigentlich wir oder kannten unsere Vorfahren für den Ort, wo wir unsere Notdurft verrichten? Achtung: Das Folgende erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit ... Fangen wir modern an: Am...
Vermutlich sagen heute alle Deutschschweizerinnen und Deutschschweizer dem hübschen gelben Vogel, der so schön singt und den man deshalb gerne im Käfig hält, Kanaarievo(o)gel. Das Wort ist so durchsichtig, dass sicher viele schon richtig vermuten, was dahintersteckt: Es ist ein Vogel, den die Spanier von den Kanarischen Inseln nach Europa mitbrachten. Die Stammart übrigens ist der Kanarengirlitz, der von der Regionalregierung 1991 zum «Natursymbo...
Kantone namens Appenzell gibt es zwei: Ausserrhoden und Innerrhoden. Dass die Rhoden eine Art Gemeinden waren, weiss der eine oder die andere auch ausserhalb der Ostschweiz – aber woher kommt das Wort? Mit Griechisch hat es nichts zu tun, trotz dem «rh» – das ist nur barocker Schnickschnack, der nicht vor dem 18. Jahrhundert anzutreffen ist. Mit dem amerikanischen Rhode Island hat es natürlich auch nichts zu tun (das stammt womöglich von nie...
Wer in einer Partnerschaft lebt, hat es vielleicht auch schon gehört: Sag niemals «immer»! «Immer sagst du ...», «immer machst du ...» usw. kann eine Auseinandersetzung nur verschlimmern. Aber auch wer Freude hat an bodenständiger, vom Hochdeutschen unabhängiger Deutschschweizer Mundart, weiss einen Grund, niemals «immer» zu sagen – das Wort ist nämlich ein schriftdeutscher Import aus mittel- und niederdeutschen Gefilden, es war den oberdeutschen...
Unsere adventliche Wortgeschichte 2020 ist einer der Hauptfiguren der Saison gewidmet: Gott. Der einschlägige Artikel im Schweizerischen Idiotikon wurde 1887 verfasst. Bemerkenswert ist schon die Definition: «das lebendig und persönlich gedachte höchste Wesen, meistens der éine, wahre Gott des Christentums». Die erste Hälfte der Definition ist zeitlos formuliert und könnte auch in einem modernen Wörterbuch stehen; die zweite Hälfte würden wir he...
Öppis nöimet anepflüümle, härepflüümle, inepflüümle für ein flüchtiges, unsorgfältiges Erledigen dürfte heute zum mehr oder weniger allgemein bekannten schweizerdeutschen Wortschatz gehören – höchstens dadurch eingeschränkt, dass das Wort als ziemlich salopp gilt. Schlagen wir die fraglichen Wörter im Schweizerischen Idiotikon nach, erfahren wir aber teilweise anderes, als wir erwartet hätten. Nun – der Artikel pflüümle mit seinen Zusammensetzung...
Landauf, landab finden besonders im Spätsommer und Frühherbst die Chilbenen oder Chilbinen statt – Jahrmärkte mit einem (wie man in Deutschland sagt) Rummelplatz. Dieses Wort lässt kaum mehr erkennen, was dahintersteckt: Es ist Chilch-Wîhi, also «Kirchweihe». In fast allen Deutschschweizer Mundarten wurde das Grundwort Wîhi aber zu -wi verkürzt und das inlautende -ch- ist fast überall geschwunden, womit das Wort nun Chilwi hiess. In alten Texten ...
«Wir befinden uns im Jahr 2020 n. Chr. Der ganze schweizerdeutsche Wortschatz wird vom Schriftdeutschen verdrängt ... Der Ganze? Nein! Ein unbeugsames Wort hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten.» René Goscinnys berühmte Einleitung, in der es im Original um ein gallisches Dorf geht, passt auch auf unser schweizerdeutsches Wort Gspäändli, auch «Gspändli» oder «Gspänli» geschrieben – den Gefährten, Kameraden beziehung...
Sucht man im Schweizerischen Idiotikon das Wort «Herd», findet man zwar das gut schweizerdeutsche Häärd mit der Bedeutung «Erde, Erdboden» – aber keine Spur vom Ding, auf dem man kocht: 1890, als der Wortartikel Hërd (wie er etymologisch korrekt angesetzt ist) verfasst wurde, war den damaligen Redaktoren die Bedeutung «(Koch-)Herd» zu modern, um ins Wörterbuch aufgenommen zu werden. Unter den darauffolgenden Zusammensetzungen findet sich immerhin...
Angeblich ist das Heimweh die Nationalkrankheit der Schweiz – höchste Zeit, ihm eine Wortgeschichte zu widmen! Die frühesten Belege für «Heimweh», die das Schweizerische Idiotikon zitiert, stammen aus dem 17. Jahrhundert. In einer Sammlung von Scherzreden aus dem Jahr 1651 heisst es: «[Andere,] die auch ußert dem Vatterland sind, als da sind Soldaten und Handtwercksgesellen, [...] kömm etwann das Heimwee so starck an, daß si daran sterbind.» Inte...
Für die Schweizer Gliedstaaten gab und gibt es viele Namen: Stadt, Land, Ort, Stand, Staat – und natürlich Kanton. Die früheste offizielle Bezeichnung für die Glieder der Eigenossenschaft war «Stett und Lender».– Stadt kann man heute nicht mehr auf einen Kanton anwenden, da die damaligen Reichsstädte Zürich, Bern, Luzern usw. heute nur noch gewöhnliche Gemeinden sind.– Land lebt hingegen in einigen Kantonen weiter, die eine «Landsgemeinde», einen...
Im Ausland gilt grüezi als das Schweizer Wort schlechthin. In der Schweiz weiss man natürlich, dass man in Bern und einigen weiteren Regionen im Westen nicht grüezi, sondern grüessech sagt. Nicht allgemein bekannt ist aber selbst hierzulande, dass es Regionen gibt, wo weder grüezi noch grüessech bodenständig sind, sondern dass es stattdessen in Basel, Solothurn, Freiburg, Wallis, der Innerschweiz, dem südlichen St. Gallen und in Teilen Graub...
Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein kannte man in der Schweiz und in Südwestdeutschland den merkwürdigen Brauch, den Jubilar, die Jubilarin am Geburtstag oder Namenstag zu würgen oder jedenfalls so zu tun – jawohl, Sie haben richtig gelesen! Ist das nun wörtlich zu nehmen oder nicht? Schlägt man im Schweizerischen Idiotikon zunächst das Wort helsen, eine Ableitung von Hals, nach, scheint Letzteres zuzutreffen: Alemannisch helse bedeutet «schenken...
Advent ist nicht nur das Warten auf das Fest der Geburt Christi, sondern für viele auch eine Hoch-Zeit des Einkaufens – schliesslich müssen ungezählte Liebste mit einem Geschenk beglückt werden. Wie sagt man dieser Tätigkeit denn nun eigentlich auf gut Schweizerdeutsch? Wer im Schweizerischen Idiotikon nachschlägt, wird nicht so recht fündig – genauer gesagt: solange das «sinnvolle» Einkaufen gemeint ist. Um dieses geht es in dieser Wortgeschich...
Schweizerdeutsch – wie auch seine alemannischen Nachbarmundarten im Oberelsass und in Südwestdeutschland – kennt nach gaa/goo «gehen» eine eigenartige Partikel, nämlich go (oder ga, ge, gi, gu) – die auch noch verdoppelt werden kann: ich gang go(ge) schaffe, go spaziere, go schlaaffe. Die Idee, dass dieses go nichts anderes sei als gaa/goo, dass also «gehen» einfach verdoppelt werde, ist alt – aber stimmt sie oder stimmt sie nicht? Ja und nein. S...
E Falle mache findet sich im ersten Band des Schweizerischen Idiotikons, der in den frühen 1880er-Jahren erarbeitet wurde, aus Basel bezeugt, und als Bedeutungsangabe steht daneben «betrübtes Gesicht». Zumindest heute kennt man den Begriff natürlich in der ganzen Deutschschweiz. Betrachten wir Wendungen, die das Gleiche bedeuten, dann kommen wir der ursprünglichen Meinung von Falle auf die Schliche: Das Wort «Lätsch» in Er macht en Lätsch bedeute...
Wer kennt sie nicht, die Wendung das isch en Heisse oder auch das isch mer en z Heisse im Sinne von «das ist eine heikle Sache» bzw. «eine zu heikle Sache»? Nur: en heisse – was? Eigenartig, dass einem – anders als bei en Schöne (nämlich Tag) und en Guete (nämlich Appetit) – nicht gleich das fehlende Substantiv einfällt… Für die Bearbeiter der dritten Auflage des «Zürichdeutschen Wörterbuchs», die 1983 herauskam, war die Sache jedoch noch klar. U...
In den kommenden Wortgeschichten wollen wir einigen typisch schweizerdeutschen Wendungen nachspüren. In dieser Wortgeschichte geht es nun um «Figgi und Müli». Figgi und Müli haa bedeutet «zwei Optionen zugleich offen haben». Der Begriff stammt aus dem Mühlespiel: Eine «Mühle», schweizerdeutsch Müli, sind im Mühlespiel (oder Nüünimool, -spiil, -schtäi, -zie, wie man hierzulande auch sagt) drei Steine der gleichen Farbe, die in einer Geraden auf Fe...