An Freitagen und zur vierzigtägigen Fastenzeit vor Ostern wurden insbesondere in katholischen Gegenden noch vor nicht allzu langer Zeit bestimmte Speisegebote streng eingehalten; das Wort fasten selbst ist möglicherweise verwandt mit fest und bedeutet dann eigentlich «(am Gebot) festhalten». In der Fastenzeit verboten ist das Fleisch von Warmblütern (daher der Freitag als Fischtag). In älterer Zeit umfasste das Fastengebot ausserdem auch Alkohol,...
Wenns wieder kalt ist, freut man sich abends über ein warmes Bett. Damit das Bettzeug einen nicht mit Eiseskälte empfängt, legt man etwa eine mit heissem Wasser gefüllte Bettfläsche aus Gummi oder Metall ins Bett und wärmt es vor. Klassischer ist die Bettpfanne: laut Schweizerischem Idiotikon ein «trommelförmiges hohles Kupfergeschirr mit Stiel, das mit glühenden Kohlen gefüllt im Bette hin- und hergezogen wird, um es zu wärmen». Eine solche Pfan...
Wer bei Vollmond zum Himmel schaut, sieht ihn vielleicht, den Mann im Mond … wobei eindeutig zu erkennen ist er nicht. Online finden sich zig Erklärungen, wo genau sein Gesicht oder sein Körper wahrzunehmen sei. Sicher ist nur, dass Strukturen auf der Mondoberfläche, die von blossem Auge sichtbar sind, als menschliche Figur interpretiert werden. Schon Konrad von Megenberg schrieb in seinem «Buch der Natur» im 14. Jahrhundert: Der mon hat in ...
Landauf, landab finden besonders im Spätsommer und Frühherbst die Chilbenen oder Chilbinen statt – Jahrmärkte mit einem (wie man in Deutschland sagt) Rummelplatz. Dieses Wort lässt kaum mehr erkennen, was dahintersteckt: Es ist Chilch-Wîhi, also «Kirchweihe». In fast allen Deutschschweizer Mundarten wurde das Grundwort Wîhi aber zu -wi verkürzt und das inlautende -ch- ist fast überall geschwunden, womit das Wort nun Chilwi hiess. In alten Texten ...
Der März ist die Zeit, in der in den Weinbergen traditionell die Stickel, Sticklig oder Räbstäcke geprüft und gegebenenfalls ersetzt werden: Die hölzernen Pfähle aus Holz der Familie der Kieferngewächse (Pinaceae), an denen die Reben festgebunden und dressiert (erzogen) werden. Zum Überprüfen werden die Stecken aus dem Boden gezogen; mit einem Schlag wird festgestellt, ob die Spitze gefault ist (dann erzeugt der Schlag einen dumpfen Ton). In dies...
Brunch, Eiertütsche, Osternestersuche im Garten und dann ein Spaziergang – so feiert die durchschnittliche Familie in der Deutschschweiz heute Ostern. Früher aber, da kannte man eine ganze Reihe weit aufregenderer Vergnügungen zum Frühlingsbeginn an Ostern. Aus dem Prättigau berichten verschiedene Autoren, dass je nach Schneeverhältnissen auf dem Platz oder auf einer Wiese Gemeinschaftsspiele der Ledigen stattfanden. In Furna spielten die Hornuss...
Der Jahreswechsel war und ist mit verschiedenen Bräuchen verbunden. Dazu gehören bestimmte Neujahrsgebäcke, die man den Kindern schenkte und den Gästen offerierte, die kamen, um das Neujahr anzuwünschen. Das Idiotikon nennt den Bümmel, einen braunen Honigfladen, den Zupfewegge in Zeiningen, den Tirggel in Schaffhausen, das Tüübli in Bern, das Schnäggli und das Spätzli im Zürcher Weinland, die verbruet Schlange in Zürich, den Ring in Lutzenberg, a...
Viele DeutschschweizerInnen sind stolz darauf, dass sie im Gegensatz zu Norddeutschen Zwetschgen und Pflaumen auseinanderhalten können. In wissenschaftlicher Terminologie wird zwar zwischen den beiden unterschieden, aber vor allem hierarchisch: Prunus ist der Name eine Untergattung der Steinobstgewächse, die wiederum in verschiedene Sektionen unterteilt ist, deren eine ebenfalls Prunus oder deutsch Pflaume heisst – Pflaume (Prunus domestica) ist...
Heute konzentriert sich das um die Wintersonnenwende übliche Schenken auf Weihnachten. Früher gab es (und gibt es da und dort noch heute) eine ganze Reihe möglicher Geschenktermine – Nikolaustag, Heiligabend, Weihnachtstag, Neujahrstag und Dreikönigstag. Wohl ganz verschwunden sind die traditionellen Namen für das, was wir heute einfach Gschänk oder Gschänkli nennen: die Helsete, der Helstag und, besonders sprechend, das Guetjahr oder Guetjohr. D...
MailänderliDie Bezeichnung Mailänderli und ähnlich für den bekanntesten Klassiker der Deutschschweizer Weihnachtsbäckerei sind schon bald 300 Jahre alt. Unter dem Namen Gâteau de Milan erscheinen die ersten Mailänderlirezepte im 18. Jahrhundert in Berner und Basler Kochbüchern. Im 19. Jahrhundert war in Bern dafür die Bezeichnung Miläänli verbreitet. Ob die Namengebung etwas mit der Herkunft des Gebäcks zu tun hat, ist ungewiss. Herkunftsnamen wa...
Für «Andreas» kennt das Schweizerdeutsche viele Varianten: Andrees, Anerees, Andreies, Andreia, Andris, Ändri, Änderli, Ändi, Drees, Rees, Reesel, Reesi, Nanzi... Am 30. November ist Andreastag – beziehungsweise dialektal Zantandreeschtagg (Wallis), Andreesetag (Nidwalden) oder Za[n]tanderschtig, Sätanderschtig (Prättigau). Bis ins 18. Jahrhundert hinein galt er als Termin für die Entrichtung von Zinsen und Zehnten. Er bot und bietet aber auch zu...
Jeden April wird am Zürcher Sechseläuten der Böögg verbrannt, ein auf einem zehn Meter hohen Holzhaufen stehender, mit Holzwolle und Knallkörpern gefüllter Schneemann. Bevor der Böögg im 19. Jahrhundert eine Angelegenheit der Zünfter wurde, trugen Knaben aus den verschiedenen Quartieren solche den Winter darstellenden Strohpuppen zur Schau durch die Stadt und verbrannten sie anschliessend. Das Wort ist oder war auch ausserhalb Zürichs bekannt und...
Jetzt zieht es wieder durch die Lande: das Chrischtchindli oder Wienechtschindli, wie es in den reformierten Teilen der westlichen Deutschschweiz aus religionspuristischen Gründen genannt wird. Oder ist es, wie uns Weihnachtsbeleuchtung und Werbung glauben machen wollen, allenfalls doch eher Santa Claus? Will man sich über die Identität des Gabenbringers in der Schweiz informieren, lohnt es sich, einen Blick ins Schweizerische Idiotikon – das nic...
Die herrlichen Herbsttage, die wir zur Zeit geniessen dürfen, sind schriftsprachlich als Altweibersommer bzw. verbreitet dialektal als Altwybersummer (-sommer) bekannt. Andere schweizerdeutsche Begriffe sind oder waren das Maartissümmerli (Appenzell, Bern, Schaffhausen, Uri, Wallis), das Witwesümmerli (Graubünden) und der Noosummer bzw. -sommer (Aargau, Appenzell, Basel, St. Gallen, Schaffhausen, Thurgau, Zürich). Die letztgenannte Bezeichnung, d...
Nun fangen sie wieder an, die Hundstage! Es sind nicht die hechelnden Hunde, die den kommenden Wochen den Namen gegeben haben, sondern das Sternbild des Grossen Hundes. In einem Zürcher Lustspiel von 1550 über den Philosophen Diogenes heisst es, „das er nitt der hunden einer syge, die uff erden sind, sonder der hund am himel, von dem die hundstag genembt werden". In Aarau war man 1758 so vernünftig, dass man den Schulkindern „in den Hundstagen, s...
In den nächsten Tagen soll's ja wieder aktuell werden: «Es schneielet, es beielet, es gaat en chüele Wind...» – das Liedlein kennen alle. Doch was bedeutet «beiele»? Ist es nur ein kindersprachliches Reimwort oder doch mehr? Es ist natürlich mehr: «beiele» ist eine Ableitung von «Bii(j)i, Bei(j)i, Biili, Bei(j)eli», schweizerdeutsch für Biene. Die tanzenden Schneeflocken werden also mit schwärmenden Bienen verglichen, ein Bild, das naheliegt, wen...
Besonders im Grossraum Zürich und im Gebiet des alten Bern (heute Bern, Waadt, westlicher Aargau) kennt man ihn: den Berchtoldstag, dialektal «Bächteli(s)tag», «Berchteli(s)tag», «Berteli(s)tag» oder «Bärzeli(s)tag». In der Berner und Zürcher Tradition fällt er auf den 2. Januar, im thurgauischen Frauenfeld auf den dritten Montag im Januar. Doch wer ist Berchtold? Einen Heiligen dieses Namens gibt es nicht, und die Kantone, die den Tag begehen, s...
Namentlich in den zwölf Nächten zwischen Weihnachts- und Dreikönigstag zieht es durch einsame Gegenden oder mitten durch Häuser, teils lärmend und schreiend, teils begleitet von Jagdrufen und Hundegebell, teils von geisterhaft lockender Musik: das Wüetisheer. Es handelt sich dabei um einen Zug armer Seelen, manchmal auch um ein einzelnes Gespenst. Im ersten Wortbestandteil steckt der germanische Gott Wuotan, was in der berndeutschen Lautung Wüeti...
Ein altes Dessert, Zvieri oder Adventsgebäck sind die Triätschnitten: Altbackene Zopf- oder Einbackscheiben werden in einen dicken Zuckersirup oder in Eiweiss getaucht, dann mit Triätpulver (Nelken, Muskat, Sandelholz, Zimt, Macis, Anis oder Ingwer) und Puderzucker bestreut und schliesslich mit einer Weinsauce (Rotwein mit etwas Zitronenzesten, Zimt, Nelken und Zucker) übergossen.Doch was ist eigentlich «Triät», das auch in den Varianten «Träse(t...
Heute wenden wir uns, wen erstaunt's, den schweizerdeutschen Wörtern für den Teigmann zu, den man am 6. Dezember verzehrt. Am verbreitetsten ist der Grittibänz, die Basler kennen den Grättimaa, die Luzerner und Solothurner hatten zumindest früher den Hanselimaa oder Hanselmaa, und in der Region Winterthur–Unterthurgau–Stein ist oder war der Elggermaa zu Hause. Grätte und gritte bedeuten beide «die Beine spreizen; grätschen». B...