Wortgeschichten

Potz Sackerzucker, das isch misex e verdaalisch tüüggerischi Spraach!

Kraftausdrücke sind stark dem gesellschaftlichen und kulturellen Umfeld unterworfen. Um seine Ausdrucksweise zu würzen, berief man sich früher gerne auf Gott und Teufel, auf Seele, Sakrament, Eid und Verdammung. So richtig wohl war es einem dabei aber nicht, weshalb unser älteres Schweizerdeutsch zahlreiche Verballhornungen dieser heiklen Wörter kennt. Wir bringen im Folgenden einige Beispiele.

Gott, Gottes- wurde zu Botz oder Bott. So hiess es etwa in Zürich Botz Tunderwätter!, im Aargau, Bernbiet usw. verbreitet auch bis zur Unkenntlichkeit verkürzt und verwandelt he z Donner! Der Zürcher Chronist Gerold Edlibach fluchte um 1500: das dich botz wunden schend!, also «dass dich Gottes (Christi) Wunden zuschanden machen!» Die Fügung «bei Gott» wurde zu bigoscht, bigopp, bigopper, bigopplig und so weiter verschliffen: Hä bigopplig denn au, bischt du doo?, und die Wendung «wenn Gott will» (im Sinne von «gewiss, hoffentlich») ergab goppel, gottel, gottli und ähnlich: e goppel au!

Teufel wurde zu Tübel, Tüüchel, Tüüchsel, Tüügger, Tuusig. Der St. Galler rief Potz Tüüchel!, der Walenstadter Nääm s de Tüügger!, und der Berner fluchte Ee der Tuusig abenand!

Seele wurde in bekräftigenden Wendungen vom Typus «bei meiner Seele» zu mi See, mi Seech, mi Seecht, mi Sechs, mi Sex, mi Seep, mi Geel und ähnlich. Der Zürcher August Corrodi schrieb: Möcht s ja miseechtig mym bitterschte Fründ nid gune, ein Berner: Es isch misex zum Verrücktwäärde!, und beim Toggenburger Ulrich Bräker findet man: Mi See, 's ist mir Ernst.

Sakrament variiert noch mehr. Aus dem Appenzellischen bezeugt haben wir beispielsweise Potz bim Sackerbränt!, aus dem Bernbiet bim Sackerlimoscht!, aus dem Thurgau sowohl Stäärnsackerlott! wie auch Bim Happermänt au!, aus dem Oberaargau Potz Sackerzucker!, aus dem Glarnerland Potz Bockremänt!, aus dem Luzernischen Potz Saffermänt!; weit herum bekannt sind Sappermänt und Sapperlott, wogegen wir Raspermänt und Schlappermänt besonders aus Innerschweizer Quellen des 16. bis 18. Jahrhunderts überliefert haben.

Auch gewiss wurde, da als blasphemisch empfunden, gar nicht gerne gehört. Im Zürcher Oberland wurde den Kindern eingeschärft, statt gwüss lieber wääger zu sagen, in Davos wurde das Wort sicher empfohlen. Andere lösten das Problem, indem sie gwüss zu gwünd, gwüni, gwüür, gwüüggere, grund und so weiter verhunzten. So schrieb der Stadtberner Rudolf Trabold: Wowol, es isch gwünd waar!, und die Berneroberländerin Maria Lauber meinte, wir hee us gwüni scho lang druuf gfröwt. Genauso heikel war beim Eid, wofür unsere Eltern, Gross- und Urgrosseltern bimeich! oder sogar bim Meiteli! sagten.

Statt verdammt sagen die Bündner lieber verdaalisch: E verdaalischi Gschicht! Und ein gopfertami «Gott verdamme mich» ersetzt man doch wohl besser durch gopferteckel, gopferteli, gopfertoori, gopfridstutz, gopfridstüdeli. So schriftstellerte der Riehener Hermann Schneider: Gopferdeggel, mache Si mi nit raasig!

Last but not least kommen wir zu verflucht, das als verfluem(e)t, verflüem(e)t, verfluemeret, verflüemeret, verrüefft, verflixt, verfluxt, verfluckt auftritt. Mit e verflüemeret Meitli bezeichnete ein Wartauer «ein nichtsnutziges Mädchen», Botz verrüefft! wie gsiescht du uus!, überlieferte ein Appenzeller der Nachwelt, und ein Solothurner verstand unter einem verfluckte Kärli einen «etwas schlimmen» Burschen. Na, wenn's weiter nichts ist ...


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