Wortgeschichten

Jeans, Chöltsch, Galli und andere Stoffnamen

Die Tuch- oder Stoffnamen zeichnen eine ganze Geographie nach.

Kaum nötig zu erklären ist Manchester (bundesdeutsch: Cord), das an die einst blühende Textilindustrie der gleichnamigen englischen Stadt erinnert. Nur wenig bekannt dürfte hingegen sein, dass Jeans auf den (gleich ausgesprochenen) englischen Namen Genes für die italienische Handelsstadt Genua zurückgeht. Denim, der Baumwollstoff, aus dem die ersten Jeans hergestellt wurden, meint eigentlich «de Nîmes», also «(Gewebe) aus Nîmes». Im schweizerischen Chöltsch für den farbig karierten oder gestreiften Baumwoll- oder Leinenstoff steckt der Name der bedeutenden mittelalterlichen Handels- und Fabrikationsstadt Köln. Der Nördliger, Nöödliger, Nöörliger oder Öörli(n)ger war in der Schweiz noch um 1900 ein grober, vielseitig nutzbarer Wollstoff, dessen Name auf das süddeutsche Nördlingen verweist, wo der Stoff ursprünglich verfertigt wurde («Örlinger» ist eine Uminterpretation nach dem Zürcher Ortsnamen Örlingen).

Das ältere Schweizerdeutsch kannte auch Lündsch oder Lündisch für ein feines Wolltuch, das sich auf den Namen der britischen Hauptstadt London bezieht. Arrass bezeichnete im Spätmittelalter und in der Frühneuzeit ein leichtes Wollgewebe, das aus der damals flandrischen und heute nordfranzösischen Stadt Arras importiert wurde. Auch Ipper und Schalun bezeichneten einst bestimmte Arten von Tuch, das Erstere nach der Stadt Ypern in Westflandern und das Letztere nach der Stadt Chalon in der Champagne. In Damast, einem feinen Gewebe mit eingewobenem Muster, verbirgt sich der Name der syrischen Stadt Damaskus. Und Galli, älter schweizerdeutsch für einen dünn geschlichteten groben Baumwollstoff, verweist sogar auf den indischen Seehafen Kalikut. Tuchnamen zeigen sehr schön, dass auch die ältere Zeit schon globalisiert war.


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