Der Winter ist die Zeit, in der man den «Chuenagel» (oder «Chunagel», «Unagel», «Unigler», «Hornagel», «Hurnagel», «Hurnigel») haben kann: den stechenden Schmerz in den Fingerspitzen, den man fühlt, wenn man bei eiskaltem Wetter in die warme Stube tritt.Im hintern Teil des Wortes steckt vermutlich ein Wort für «spitzig», man vergleiche etwa «Agle» oder «Agne» (Hanf- oder Flachssplitter, Spelze, Tannennadel), «Ägerschte» (Elster, eigentlich «die m...
Vom letztwöchigen «Gschmöis» kommen wir nun zur «Gänggeliwaar» (oder «Ganggeli-», «Ganggerli-», «Gänggerli-», «Gäggeli-», «Gääggeliwaar» bzw. «-züüg»), was Kleinkram, Krimskrams, wertloses oder unnötiges Zeug, billiger Schmuck bedeutet. Nicht selten hört oder liest man, das Wort gehe auf französisch «quincaille» = Haus- und Küchengeräte, Eisenwaren zurückt. Dem ist aber nicht so. Das Schweizerdeutsche kennt eine grosse Wortfamilie mit Begriffen w...
Den «Pfnüsel», hochdeutsch ,Schnupfen', kennt man in der Nord- und Nordostschweiz, seine Verwandten «Pflüsel» und «Gflüsel» im Solothurnischen sowie «Chnüsel» in der Innerschweiz. Es gibt in- und ausserhalb der Schweiz viele weitere Wörter, die ganz ähnlich klingen und ganz Ähnliches bedeuten, z. B. «pfnuuse» mit der Bedeutung ,hörbar atmen' in der Nordostschweiz, «pfnausen» ,keuchen' im österreichischen Kärnten, «fnysa» bzw. «fnyse» ,schnauben' ...
Ein altes Dessert, Zvieri oder Adventsgebäck sind die Triätschnitten: Altbackene Zopf- oder Einbackscheiben werden in einen dicken Zuckersirup oder in Eiweiss getaucht, dann mit Triätpulver (Nelken, Muskat, Sandelholz, Zimt, Macis, Anis oder Ingwer) und Puderzucker bestreut und schliesslich mit einer Weinsauce (Rotwein mit etwas Zitronenzesten, Zimt, Nelken und Zucker) übergossen.Doch was ist eigentlich «Triät», das auch in den Varianten «Träse(t...
Heute kommen wir zu einigen italienischen Lehnwörtern im Schweizerdeutschen. Wir können hier zwei Gruppen unterscheiden: Jüngere, die über Gastarbeiter in die Schweiz gekommen sind, und ältere, die auf Handelsbeziehungen mit der Lombardei verweisen.Zur ersten Gruppen gehört der Abschiedsgruss (oder das Begrüssungswort) «tschau». Es geht auf eine Dialektvariante von italienisch «schiavo», Sklave, zurück und ist eigentlich eine Verkürzung der Wendu...
Die Facebook-Kollegen vom Dicziunari Rumantsch Grischun, dem rätoromanischen Pendant des Idiotikons, haben kürzlich eine Serie mit deutschen Lehnwörtern im Bündnerromanischen präsentiert. Die folgende Zusammenstellung bietet nun eine kleine Auswahl an Wörtern, die im deutschsprachigen Bündner Rheintal, in den Bündner Walserdialekten sowie im Sarganserland und im Werdenberg vorkommen und aus dem Romanischen entlehnt sind (bei Wörtern wie «Spiina» ...
Manche romanische Lehnwörter sind im Schweizerdeutschen so verbreitet und so alt, dass man sie nicht aus den romanischen Einzelsprachen herleiten kann, sondern auf eine diesen Sprachen gemeinsame Grundlage zurückführen muss. Die «Laui» oder «Lau[w]ene» oder «Laubene» (Lawine) geht auf alpinromanisch «lavina» zurück, worin seinerseits lateinisch «lābi», gleiten, steckt. Der «Föhn» (warmer, oft stürmischer Fallwind, Südwind; seit rund hundert Jahre...
«Hafechääs» ist ein Wort, das wir heute in der Bedeutung «Blödsinn, Quatsch, Mist» gebrauchen. Die ursprüngliche Bedeutung kennen wir aus Quellen des 16. bis 19. Jahrhunderts. So erklärte beispielsweise der Zürcher Lexikograph Josua Maaler in seinem Wörterbuch «Die Teütsch spraach» von 1561 den «hafenkäß» mit «alter fauler käß. So man stücklin von altem käß in ein hafen zuosamen legt, und weyn darüber schütt, und also laßt graaten und in einander...
Zwei schöne Ausdrücke, die in unserer kleinen Schimpfserie nicht fehlen dürfen, sind «Sirach» und «sirache». Die beiden Wörter gehen auf das biblische bzw. apokryphe Buch Jesus Sirach zurück, in dem mehrfach zur Sanftmut gemahnt und vor Streit gewarnt wird. Offenbar wurden die Weisheiten im Buch Jesus Sirach und vor allem die Warnung vor Streit so häufig gepredigt, dass sich der Name Sirach verselbständigt hat und seither stellvertretend für Zank...
Das Wort der Woche ist der «Gaggelaari», ein dummer Schwätzer, ein Nichtsnutz, ein Dummkopf. Es handelt sich dabei um eine Zusammensetzung aus «Laari» = langsamer, alberner Mensch, das seinerseits abgeleitet ist vom Verb «laare» oder «laale» = dumm schwatzen, sich einfältig gebärden, und vom Verb «gagge» oder «gaggele» = gackern; stottern; dumm reden. Das Idiotikon hatte kürzlich eine Anfrage, ob der «Gaggelaari» ein Schimpfwort sei. Nun – höflic...
Er hat schon angefangen: der «Wimmet», «Wüm(m)et», «Wimlet» oder «Wümlet», und viele fleissige Leute stehen in den Rebbergen, um zu «wimme», «wüm(m)e», «wimle» oder «wümle». So sagt man in der östlichen Hälfte der Deutschschweiz und, räumlich isoliert, in der Variante «wimde, wimdu» auch im Wallis dem Ernten der Trauben. In den andern Landesgegenden spricht man hingegen von «läse» und «Läset» oder von «herbschte» und «Herbscht». Das Verb «wimme» ...
Das Wort der Woche ist die schweizerdeutsche Bezeichnung für die Hausschuhe. Belegt sind die «Finken», um die es hier geht, erstmals in einer alemannischen Glosse des 13. Jahrhunderts; sie werden dort mit «eine Art Fussbekleidung der Mönche» erklärt. Das Wort stammt vermutlich von spätlateinisch «fico», Plural «ficones», und dürfte aus der Klostersprache des Hochmittelalters in unsere Mundarten gelangt sein. Woher allerdings dieses «fico» kommt, ...
Wie nannte man vor fünfhundert Jahren seinen Hund? Auskunft gibt der sogenannte Zürcher Glückshafenrodel von 1504. Ein Glückshafen war das, was wir heute Lotterie nennen, und um die eigenen Gewinnchancen zu erhöhen, liess man nicht nur sich selbst, sondern oft auch alle Familienangehörigen, das Gesinde und sogar die Haustiere namentlich in das Verzeichnis eintragen. Im Folgenden führen wir eine repräsentative Auswahl aus rund achtzig Hundenamen a...
Das Wort der Woche ist zu Ehren der in dieser Jahreszeit vielerorts stattfindenden Chilbenen die «Chilbi», die schweizerische Bezeichnung für den Jahrmarkt und den Rummelplatz. «Chilbi» geht zurück auf altalemannisch «kilchwîhi», bedeutet also ursprünglich «Kirchweihe». Die heutigen Chilbenen sind terminlich oft von den alten Kirchweihtagen losgelöst; dass aber etwa der Termin des Zürcher Knabenschiessens mit seiner grossen Chilbi auf das zweite ...
Das Wort der Woche ist «tschegge», kapieren. Wie wir alle wissen, steckt das englische «to check» dahinter. Allerdings: Das englische Verb kennt die Bedeutung «begreifen» gar nicht, es bedeutet vielmehr «anhalten, hemmen, prüfen». Seine Grundbedeutung ist jedoch der Ruf, der unserem deutschen «Schach!» entspricht; »to check» meint also ursprünglich «Schach bieten». Letztlich geht das Wort zurück auf persisch «shâh», zu deutsch «König». (mit Dank ...
Das heutige Wort der Woche ist «löie», «lü(w)e» oder «liwwe», wie die Berner, Entlebucher, Freiburger und westlichen Deutschwalliser für «ausruhen» sagen. Für die Sprachwissenschafter ein schwieriges Wort! Zwar finden wir es auch in Quellen des 15., 16. und 17. Jahrhunderts belegt, aber weiter zurück ist es schwierig zu verfolgen. Falls es im Wallis seit alters vorkommt, warum haben die um 1200 ausgewanderten Walser dann statt «liwwe» das althoch...
Passend zur Wandersaison ist das Wort der Woche der «Landjäger». Diese geräucherte und luftgetrocknete Wurst ist kein zu Fleisch verarbeiteter Polizist (früher «Landjäger» genannt), sondern es liegt wahrscheinlich eine Umdeutung aus «lang tige» vor. Das Dialektwort «tige» (eigentlich identisch mit hochdeutsch «gediegen») bedeutet im Schweizerdeutschen «getrocknet, gedörrt, geräuchert». Eine andere, ebenfalls von «tige» ausgehende Umdeutung zeigt ...
Das Wort der Woche ist der «Tschoope» oder «Schoope», wie man, vom Bernbiet und der Nordwestschweiz abgesehen, dem Veston (Sakko, Herrenjackett) sagt. Das Idiotikon kann den «schopen» schon für das Jahr 1330 aus einer Schaffhauser Quelle belegen. Es handelt sich dabei um eine sehr frühe Entlehnung von italienisch «giubba». Das Italienische hat das Wort seinerseits aus dem Arabischen übernommen, wo die «ğubba» ein langes Obergewand ist. Übrigens g...
Das Wort der Woche bzw. zur Bade- und Reisesaison ist das «Male-, Maler-, Malet-, Malze-, Mare-, Marfel-, Made- oder Maneschlössli» – das Vorhängeschloss, womit man ein Garderobekästchen oder einen Koffer sichert. Wie schon die Vielfalt der Varianten (hier werden nur die wichtigsten aufgelistet) zeigt, ist das erste Glied des Wortes seit langem undurchsichtig geworden. Zugrunde liegt mittelhochdeutsch «malche», was 'Reisesack, Reisetasche' bedeut...
Das Wort der Woche ist die «Bänne» oder «Benne», die das ein- oder zweirädrige Transportgerät bezeichnet, oft auch nur den offenen Kasten auf einem solchen Karren – und heute auch scherzhaft ein altes Auto meint. Es handelt sich dabei um eines der wenigen ursprünglich keltischen Wörter, die es geschafft haben, in den Nachfolgesprachen und -dialekten bis in unsere Gegenwart zu überdauern, und ist eine Erinnerung an die hohe Professionalität der Ke...